Leben mit Gott - Briefe zum christlichen Glauben

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10. September 2006

Ein großes Fest wurde heute in München gefeiert, es wäre gelogen, wenn ich mir eingestehen müßte, ich hätte hämisch zugeschaut. Es war für mich so, wie ich das z.B. bereits bei Berichten über große, gelungene Jubiläumsfeiern (runde Geburtstage) kenne: Ich nehme wahr, die meisten erlebten das Fest freudig mit und ich bedaure nicht, daß ich nicht dabei war. Aus gesundheitlichen Gründen ging und geht das nicht. Die Parallele beim Papstfest war und ist diese neidlose Wahrnehmung. Hinzu kam jedoch, daß ich dachte: Wenn es dem Glauben dieser Leute hilft, ist es mir recht.

Als ich 20 Jahre alt war, fuhr ich zusammen mit einer Freundin zum Eucharistischen Weltkongreß in München. Mit einem inneren Ehrfurchtsschauer hörte ich der Grußbotschaft aus Rom zu. Es muß der Botschafter Roms in der Bundesrepublik gewesen sein, der sie vorlas. Nachträglich kommt mir der große Ehrfurchtsschauer reichlich komisch vor. An den Gebeten und Liedern beteiligte ich mich gewissenhaft, an Feststimmung kann ich mich nicht erinnern.

Zu dem heutigen Gedanken ("wenn es dem Glauben hilft..") kam die Einsicht, ich muß nicht wissen, wieviele hauptsächlich befriedigt darüber sind, wiedereinmal etwas für Gott getan zu haben.

Trauer empfinde ich darüber, daß Fixierungen auf eine übergroße Vater- und oberste Lehrmeistergestalt Tür und Tor geöffnet wurde. Man bedenke, wie bedenkenlos Jesu klares Nein dazu übergangen und hintergangen wird.

Die Predigt zum Evangelium (Heilung des Gehörlosen) war beeindruckend. Wie so oft dachte ich: Papst, ich glaube dir deinen tiefen Glauben und den Willen, die Botschaft Jesu zu verkünden. Heute halfen mir seine eigenen Worte, das Problem zu präzisieren. Es gibt Menschen, von denen man nicht sagen kann, sie seien für Gott schwerhörig. Es wird Wachsamkeit und Nüchternheit gebraucht, um zu erkennen, daß eine partielle Schwerhörigkeit vorliegt. Ich lernte: Ohne die Bereitschaft zu ungewöhnlichen Korrekturschritten bleibt es bei dieser Art der Schwerhörigkeit. Ich weiß wovon ich rede: Erst als ich Gott versprach (mich durchrang), wenn es notwendig sein wird, mich verständnislosen Menschen und ihrem Spott auszuliefern, war eine partielle Gehörlosigkeit vorbei. Es gibt in mir wohl noch andere partielle Gehörlosigkeiten. Wenn es aber offenbar um ein Thema geht, das mich nichts angeht, hüte ich mich vor einer Stellungnahme.

Als jedoch heute der Papst das Wort AIDS nannte und seine wohlfeile Rezeptur vom vorrangigen Aufarbeiten der dahinter liegenden Hintergründe daherbrachte, da wußte ich einen zentralen Hintergrund seiner folgenschweren partiellen Schwerhörigkeit: Der Papst kann in seinem Stolz auf seine überlegene Intelligenz einfach nicht auf gewöhnliche Menschen hören. Auf Menschen, die von Gott mithilfe konkreter Ereignisse genau für eine partielle Taubheit hätten helfen sollen. Ich nenne das Beispiel: Das Kondom, das als verachtenswerte "bloße Äußerlichkeit" abgetan wird. Es ging nicht um Sexualität, als ich vor zwei Wochen das Fazit eines leidvollen konkreten Lernprozesses meiner Familie nannte: "Außen" (Äußerliches) und "Inneres" muß zusammenwirken, (regelrecht Hand in Hand). Auffallend war, daß der Lernprozeß mit meinen äußeren Bemühungen begann.

 

11. September 2006

Einen Teil der heutigen Predigt von Papst Benedikt XVI. hörte ich. Es fiel mir auf, daß er betonte, man solle zu Maria kommen, ihr sich anvertrauen. Maria wird es vor Gott bringen und dann soll alles dem Willen Gottes überlassen werden. Mehrfach betonte er, daß es nicht um unseren Willen geht, sondern um Gottes Willen. Nocheinmal muß ich die partielle innere Taubheit ansprechen. Weiß der Papst wirklich, was das heißt, rechtzeitig vom eigenen Vorhaben (Willen) loszulassen? Dazu gehört doch die redliche Bereitschaft, hören und erfassen zu wollen, wo man z.B. sich vom üblichen Väterdenken (Clandenken) lossagen muß. Daß Maria sich an die Spitze des Nazaret-Clans stellen ließ, um Jesus als "von Sinnen" (verrückt) heimzuholen (siehe Mk 3,21), das zeugt von einer zumindest zeitweise schweren inneren Taubheit Marias. Maria wird in keinem Auferstehungsbericht genannt, das ist ein Hinweis darauf, daß Maria ihrem Sohn so weh getan hat, wie vielleicht sonst kein Mensch. Und daß diese Begebenheit die Macher des Dogmas von der Sündenlosigkeit Marias überhaupt nicht berührte, ist ein Beleg erschreckender Gehörlosigkeit.

Daß ich eine Ahnung davon habe, wie schwer es sein kann, sich durchzuringen, daß wirklich Gottes Wille Vorrang hat, mag folgende Tatsache andeuten: Als ich im April 2001 lebensbedrohlich krank war, sagte ich mitten in meiner Bewußlosigkeit: "Nicht mein, sondern dein Wille geschehe."

Jesus hat im Kreis seiner Jünger seine Mutter alles andere als hochgespielt. Wie kommt der Papst zu der Behauptung, Maria habe das Gebet der Apostel, einiger Frauen und der Brüder Jesu "angeführt"? (Apostelgeschichte 1,12- 14)

Kürzlich wurde im Deutschlandfunk eine Legende erzählt, die den Menschentrend belegt: Maria kann wirklich alles vorweisen, was die Ehre und Sonderstellung von Christus ausmacht. In dieser Legende wurde Joachim, dem Vater Marias, von einem Engel die Geburt Marias angekündigt.

Da meine Mutter früh starb und ich in dem "Gnadenbild" vom Wallfahrtsort Maria Ehrenberg überraschende Ähnlichkeit mit meiner Mutter sah, ist mir der Wunsch am liebsten zu einer Mutter zu beten nicht fremd. Als ich im Alten Testament die Warnung vor der Verehrung einer Himmelskönigin las (Jeremia 44), und als ich las, Gott ist für den Menschen Vater und Mutter, lernte ich zunehmend das Mütterliche Gottes erfassen und lieben. Zu dieser göttlichen Mutter gehe ich direkt (keine Mittler!), das zeugt von meinem Vertrauen.

Was nach Marias Tod mit ihrem Leib geschah, darüber steht nichts in der Schrift und Menschenspekulationen darüber interessieren mich nicht.

Über Vorgänge in der Kirche befragt man gerne auch angesehene erklärte Nichtglaubende, wie z.B. den Intellektuellen Safranzki. Der bestätigt, daß der Papst die höchste, angesehenste Autorität ist und daß er keine ernst zu nehmenden Gegner hat. Eine andere Stimme spricht von seiner Ebenbürtigkeit mit der intellektuellen Elite.

In meinem Internetbrief vom 28.9.99 schrieb ich: "Vielleicht ist es dem einen oder anderen von euch doch noch gegönnt, vor dem physischen Sterben aufzuwachen und zu sehen, was gemeinsam an verdorbenem Erbe fortgesetzt wurde."

Eines ist klar: Der Papst hat soviel Zustimmung, daß meine Frage nach den Schutzmaßnahmen gegen AIDS lächerlich dasteht.

"Der Papst vermeidet seit Monaten jedes Wort von Geboten". Das ist ein besonderer Trick: Zuvor an geeigneter Stelle wird betont: Bei dem Ja zum Kondom für den extremen Ausnahmefall bleibt es. Ansonsten gilt alles, was schon zuvor festgeschrieben und verkündet wurde.

Sehr geehrter Papst Benedikt, wenn ich in meiner Ehe an Ihren unchristlichen Vorgaben und Hauptsachen festgehalten hätte, wäre das Horchen auf Gott und die Annahme seiner Vorrangigkeit gestorben. Und unsere Ehe auch.

Es wurde gesagt, daß Sie seit einem halben Jahr den Predigttrend haben, die Angst vor Gott zu nehmen. Ich gehöre zwar zum einfachen Volk, aber falsch vereinfachende Lösungen sind mir absolut zuwider. Ein Hirte hätte die Pflicht gehabt, in diesem Zusammenhang darauf zu achten, daß die heilsame, allezeit wieder notwendige Gottesfurcht nicht verloren geht. Warum geben Sie, der als hochintelligenter Mensch geltende Papst, so vereinfachende, so irreführende medienwirksame Slogans aus? Mir setzten solche Predigertricks spätestens dann zu (Klartext: sie gefährdeten meinen Glauben), wenn Gott mir über das Leben und über die Schrift zeigte: So ist es nicht, so geht es nicht auf.

Menschen pflegen ihren Hochmut und ihre Gleichgültigkeit Gott gegenüber. In meinem Leben brauchte ich mindestens einmal das, was die Schrift "Gottesschrecken" nennt, um für das Fällige aufzuwachen.

Zum Slogan: "Gott nimmt dir nichts, er gibt dir alles." Zitiere ich meine Aussage im Internetbrief vom 29.9.1999: Wenn es mir zuerst um Gottes Absicht geht, dann kommen Menschen gerade nicht zu kurz. Dann erinnerte ich an das Gebet eines biblischen Menschen (Lei ?): Er bittet Gott nicht zuviel und nicht zu wenig für sein Leben zu haben, damit er nicht in Versuchung kommt, sich an Gott zu vergreifen. Den Ansatz dieses Gebetes forme ich in die Vaterunser-Bitte um: "Unser tägliches Brot gib uns heute." Und der ergreifend formulierende Mahnsatz (Vergreifen an Gott) steckt im Satz "Und führe uns nicht in Versuchung."

Solange das Frevel-Dogma von der Unfehlbarkeit nicht bereut und gelöscht wird, solange kann das Papsttum die Menschen keine Gottesfurcht lehren. Und das Vergreifen an Gott und an Menschen nimmt seinen Lauf. Es muß nicht lange nach Belegen dafür gesucht werden.

 

13. September 2006

Jesus fand bei den religiös Führenden viel Ablehnung. Aber, es gab sehr wohl welche in der Szene, die ihm glaubten, "aber sie liebten das Angesehensein bei Menschen mehr als das Angesehensein von Gott."

Kein Mensch kommt um die Erprobung herum, dann wenn es ernst wird, Farbe zu bekennen, auf wen er setzt und wen er hintansetzt: Gott oder Menschen. Es gibt da durchaus menschliche Übereinkünfte, was sich für einen, der bei den Anerkannten sein will, gehört und was nicht. Man erwartet in diesen Kreisen dann wenn es ernst wird ein totales Vertrauen in die Obrigkeit. Von Gott erwartet man "Verständnis". Die Ränge halten einander in Schach. Man kann mit Fug und Recht sagen, daß sich dieser Trend gerade jetzt zeigte: Nicht einer der Maßgebenden störte die euphorische Hochfeststimmung des Papstfestes in Bayern, Man überschlug sich regelrecht im Loben. Da konnten z. B vier Bischöfe nacheinander jeder die Vorredner bestätigen und jeder setzte noch ein weiteres Lob drauf. Einer redete davon, daß dann, wenn man dem Papst sein Herz schenkt, dann kommt etwas zurück. Es ist unschwer zu erkennen, dafür, daß Gott ein eifersüchtiger Gott ist, fehlt jegliches Gespür. ("es bleibt ja in der Familie?!")

Alles, was Jesus sagt, ist auf das Ziel hin gesagt, daß Gott selbst die Maße und die Zeit (jetzt, jetzt nicht) vorgibt. Solange dieser Kernpunkt offen oder versteckt bekämpft wird, wird dem Meister- /Vater- (Väter- und Mütter- )Terror Tür und Tor geöffnet. Es entstellt noch jedes Gebot, wenn Menschen sich in die Herzen anderer hineinschleichen und damit der Versuch gemacht wird, Gottes Platz, seinen Rang zu besetzen.

 

16. September 2006

Heute hörte ich im Radio eine Meinung, die schon längere Zeit meine eigene ist: In öffentlichen Diskussionen war und ist man dem Islam gegenüber so vorsichtig, daß fällige Wahrheiten gleich nicht mehr auf den Tisch kommen.

Und nun dieser Aufschrei: Wahr ist, die Christen haben auch viel Gewalt im Namen Gottes ausgeübt. Wahr ist aber auch, daß niemals ein Mensch sagen kann, er habe den Aufruf dazu im Evangelium gelesen.

Wahr ist aber auch, daß sog. Geistliche Gewalt grausame konkrete Folgen haben kann. Der Trick besteht im Fall der Sexualität darin, daß der Mensch zu seltsam unvernünftigem Tun angeleitet wird, Zuwiderhandeln als Sünde ausgerufen wird und der verängstigte Mensch sich und dem Partner (und seinen Kindern) viel Gewalt antut.

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