Leben mit Gott - Briefe zum christlichen Glauben

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20. Januar 2009

Kürzlich schrieb ich, daß menschengemachte Behauptungen über Gott ein Ärgenis sind. Dabei dachte ich an Dogmen. Eine Radiopredigt des vergangenen Sonntag brachte noch eine Variante: Die willkürliche Auslegung eines Evangeliumtextes nach psychologisierendem Muster: Es ging um die Hochzeit zu Kana. Die Predigerin behauptete, Maria habe ihren Sohn veranlaßt, endlich etwas aus seinen besonderen Fähigkeiten etwas zu machen. Maria habe Jesus in die Öffentlichkeit geschubst. Maria habe manche Merkwürdigkeit ihres Sohnes ertragen, aber sie hat Jesus herausgerufen, endlich etwas (Öffentliches) aus sich zu machen. Danach nach diesem mutigen Abschluß habe sie sich zurückgezogen. Sie hatte ja das Ihre getan. Man unterstelle mir nicht, Marias Rolle klein zu reden. Aber, was ist damit, daß Maria später sich an die Spitze des Nazaretclans an die Spitze stellen ließ, Jesus sollte entmündigt "heimgeholt" werden.

Wieder geschah das alte Lied vieler Prediger, sie walken ein Evangelium aus, ohne Ergänzendes zu kennen und zu berücksichtigen.

Nun das Evangelium (Joh.2,1-25) "...eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Lesu war dort. Es war aber auch Jesus und seine Jünger... eingeladen." Jesus war also bereits selbständig. "Und als es an Wein mangelte , sprach die Mutter Jesu zu ihm: "Sie haben keinen Wein. Jesus sprach zu ihr: "Was habe ich mit dir zu schaffen. Frau, meine Stunde ist noch nicht gekommen." Bisher sah ich das immer als deutliche Distanzierung : Jesus fühlt sich in seinem Tun alleine dem Vater verpflichtet. Jesus wußte bei dieser Klarstellung selbst noch nicht, was ihm vom Vater noch mitgeteilt wird. Wer redlich horcht, hat es selbst schon erlebt, wie plötzlich man spürt, was zu tun ist.

 

 

25. Januar 2009

Heute erfuhr ich durch eine Radioopredigt, daß Jonas einfach nicht wollte, daß Heiden zum Volk Gottes gehören sollten. Das sei der Grund, weshalb er zuerst vor seiner Berufung floh und später sich gar nicht über die Wende in Ninive freuen konnte.

Nun sagte mir bisher mein einfaches Gemüt: Dieser Jonas hatte ganz ganz einfach Angst vor diesem Auftrag. Er soll moralisch Heruntergekommenen im Auftrag Gottes ausrichten, daß Gott diese Bosheit nicht einfach hinnimmt. Jonas flieht vor Gottes Angesicht. Er hat zunächst Angst vor Gott. Der Auftrag scheint ihm zu groß zu schwer. Und dann helfen Heiden auf dem Fluchtschiff mit, daß Jona sich doch noch seinem Gott stellen muß. Jona erfaßte und er betete zu Gott: "Der Erde Riegel waren hinter mir auf ewig . DA führtest du mein Leben aus der Grube heraus, Herr mein Gott. As meine Seele in mir verschmachtete, dachte ich an den Herrn. Und mein Gebet kam zu dir.

Und Gott beauftragt Jonas ein zweites Mal: "Geh nach Ninive der großen Stadt und ruf ihr die Botschaft zu, die ich dir sagen werde...Und er rief und sprach: Noch 40 Tage und Ninive ist zerstört.

 

 

27. Januar 2009

Jona 3,10 "Und Gott sah ihre Taten, daß sie von ihrem bösen Wegen umkehren. Und Gott ließ sich das Unheil gereuen, das er ihnen zu tun angesagt hatte und tat es nicht. Und es mißfiel Jona sehr und er wurde zornig."

Jona wollte das Strafgericht, das er ankündigte. Ich denke, es ging ihm nicht darum, daß Gott sich der Heiden erbarmt. Genau gesagt, Jona brauchte Gottes besonderen Beistand, er hatte wohl auch Angst, daß Menschen ihn verdächtigen, er sei ein Scharlatan. Aber vorrangig war wohl der alte verbohrte Gerechtigkeitssinn, der übersieht begehrlich, daß Gott auf Umkehr hofft, wenn er Strafe androht.

 

 

31. Januar 2009

Johannes 3,17-21 "Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern, daß die Welt durch ihn gerettet werde. Wer an ihn glaubt wird nicht gerichtet, wer aber nicht an ihn glaubt , ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingborenen Sohnes Gottes. Dies aber jst das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Denn jeder, der Arges tut, haßt das Licht, damit seine Werke nicht bloßgestellt werden, wer aber die Wahrheit tut, kommt zudem Licht, damit seine Werke offenbar werden, daß sie in Gott gewirkt sind"

Jeder, der Arges tut, haßt das Licht. Ich lernte, daß diese Tatsache zu tun hat mit Jesu Bestreben, immer wieder zur Umkehr aufzurufen. Jesus gibt eine Erklärung dazu, er sagt, "denn das Königtum ist nahe." Ohne echte Bereitschaft, dauernd Totes (Arges, Sinnloses) in sich abzustoßen , hat das Neue (Lebendige, Zukünftige) )nicht den ihm zustehenden Platz.

Durch ein Gleichnis versuche ich herauszustellen, daß Willkür Tür und Tor offensteht, wenn z.B. in einer Familie ein Patriarch (oder eine Patronin) entscheidet (befiindet), was Einzelne in der Familie brauchen. Und wenn dabei klar wird, der Patriarch denkt gar nicht daran, diesen einzelnen Anrechte zuzugestehen. Dieses Beispiel nannte ich deshalb, weil es gar nicht selten ist, daß angesehene "brave" Christen in ihrem Herrschaftsbereich gar nicht nach Gott und seinen Geboten fragen, sondern sich selbst als das maßgebende Gesetz ansehen, und zwar mit dem besten Gewissen. Solche Haltungen können über mehrere Generationen wie übergeordnete "Grundrechte" anerkannt werden. Das Gespür für Gerechtigkeit fehlt, im Grunde bleibt in dieser grundlegenden Haltung jegliche Umkehrbereitschaft stecken. Der Mensch kreist sich selbst ein. Vielleicht laufen zur gleichen Zeit Ersatz- Umkehr Programme (z.B. mehr Einsatz im Gemeindeleben, mehr Spiritualität). Und die durch die fehlende wahre Umkehrbereitschaft entstehende Willkür wird gar nicht als solche erkannt und anerkannt.

Wem mit der von Jesus gemeinten Umkehrbereitschaft "am Ball bleibt", wird auch im Glauben zunehmend das Eigentliche erfassen. Und jedes Verharren im "Arges tun" bewirkt finstere archaische "Frömmigkeit", unheilbringende Religiosität.

 

2. Februar 2009

"Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet." Es gab Zeiten in jungen Jahren, in denen ich übertrieben viel und lang darüber nachdachte, ob dieser oder jener Gedanke Sünde gewesen sei, ob dieses oder jenes Wort Sünde gewesen sei, ob dieses oder jenes Tun Sünde gewesen sei. Immer ging es dabei um die Frage: War es nur eine "läßliche" oder eine schwere Sünde. Im Fall, daß es eine schwere Sünde war, mußte ich sofort die "vollkommene Reue" erwecken und sobald es geht zur Beichte gehen. Die Möglichkeit des plötzlichen Todes stand mir immer vor Augen. Nachträglich muß ich mir eingestehen, daß ich damals viel viel Lebenszeit damit verbraucht habe, Gericht über mich zu halten, mich also zu richten. Im Glauben kam ich nicht weiter. Ich war voll damit beschäftigt, die Anweisungen unseres Pfarrers und Religionslehrers zu befolgen. Und dann half mir ein anderer Pfarrer aus meiner Not heraus. Er hatte in der Beichte gemerkt, welch lange Liste dabei herauskam, daß ich ehrlich und selbstkritisch bei nicht wenigen Sünden sagte: "Ich weiß nicht, ob ich während ich diese Sünde tat, überhaupt wußte, ob es sich um eine Sünde handelt, oder ob es sich um eine schwere Sünde handelt. Dieser Pfarrer gab mir die Zusicherung, wenn ich nicht weiß, ob es sich um eine schwere Sünde handelt, dann ist es keine Todsünde. Nun nahm ich diese "pfarramtliche Mitteilung" genauso ernst, wie ich zuvor die unheimlich komplizierten Vorschriften meines "Beichtvaters" und Religionslehrers ernst nahm. Das war für meine verkorkste Seele sehr hilfreich. Nachträglich bin ich doch sehr erschrocken, welch zentrale Stelle die Amtsautorität der Meister hatte.

Die Frage, ob ein Tun harmloses "Arges" ist oder nicht, blieb in meinem Leben gegenwärtig. Es gab Verfehlungen, deren Gewicht (Schwere) ich erst nachträglich erfaßte. Umgekehrt durfte ich oft nachträglich erfassen, daß frühere Selbstanschuldigungen falsch waren. Das Unterscheidenlernen verdanke ich meiner Umkehrbereitschaft. Ich behaupte aber nicht, daß diese immer ausreichend da war. Es wurde mir nicht wenig ohne Eigenverdienste von Gott geschenkt. Aber schon aus Dankbarkeit will ich die mir mögliche Umkehrbereitschaft aktiv halten.

Heute ist Lichtmeß, gestern dachte ich über die frühere Bedeutung dieses Tages für viele Knechte und Mägde nach. Mir fiel ein, was einmal eine "Herrschaft" (eine alte Frau, die immer eine Magd hatte) aus ihrer Erfahrung mitteilte. Sie sagte: Immer, wenn Mägde zu lange bei ihr waren, wurden sie frech.

Jesus scheute sich nicht von seiner selbstverständlichen Erwartung zu sprechen, daß seine Jünger auch Knechte und Mägde sein sollen (siehe das Gleichnis vom Knecht, der auch dann seinen Herrn zuerst bedienen soll, auch wenn er selbst einen Arbeitstag hinter sich hat). Gestern dachte ich darüber nach, daß es wohl gut ist, an Lichtmeß dieses "Herr- Knecht (Magd)"- Verhältnis aufzufrischen. Plötzlich kam mir ein alter Schlager in den Sinn. Ich kann mich nicht erinnern, daß dieser Schlager für mich ein Ohrwurm war oder sonst besondere Bedeutung hatte. Deswegen dachte ich darüber nach, ob da ein Zeichen dahinter steckt. Jetzt weiß ich es, es hat mit Lichtmeß zu tun. Es kamen mir nur zwei Sätze des Schlagers in den Sinn: "Willst du mit mir gehen, Licht und Schatten sehn?"

Der Satz "Richte nicht..." wird nicht selten einem redlichen Mahner an den Kopf geworfen, wenn er Ärgerniserreger an Umkehr erinnern muß. Dabei spielt so ein großer Beruhiger nicht selten selbst Richter während seiner "Friedensstiftung" mit der Sünde.

Es gibt wirklich viele Situationen, bei denen man tatsächlich nur schweigen kann, weil man gar keine Anhaltspunkte für gut oder böse hat, obwohl gerade die einen anklagend richten und andere wiederum eigenmächtig verständnisvolle Friedensrichter spielen. Ich lernte in solchen Fällen das Sichraushalten, auch weil beflissenes Verständnis Ausrufen, dem Menschen signalisiert: "Du bist so ein Prima Mensch, du brauchst keine Umkehr."

Eben hörte ich im Radio, daß etwas "zum großen Ärgernis gemacht wurde." Weder zuvor noch danach hatte ich zugehört, es muß wohl um Sport gegangen sein. Mir ging es um das Problem eigensinniger Menschenentscheide: Mathäus 5.9 "...vergeblich verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren." Es steht mir da ein erlebtes Gleichnis vor Augen: Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus las ich im Brief, den ich dem Hausarzt übergeben sollte, gravierend verdrehte, (nachweislich falsche) Daten. Wenn das ein Fremder liest, stehe ich als Simulantin da. Ich bat das richtig zu stellen, ich nannte Zeugen, die meine Angaben bestätigen konnten. Man blieb unerbittlich, ich bitte den Leser sich beim Wort; "Dokument" an die Parallelen bei den menschengemachten Glaubensbehauptungen (Dogmen) zu denken. Wir erfuhren im Krankenhaus, der Arztbrief könne nicht geändert (Klartext: "berichtigt") werden, "denn er ist ein Dokument"

"Vom verdorbenen und vom guten Sauerteig" von Sieglinde Jehle
Nähere Informationen zum Buch und Leseproben finden Sie unter: www.sieglinde-jehle.de